Warum ich zuviel esse und was passiert wenn ich es nicht tue

Dick und verliebt - was für eine scheiß Kombi

Wenn es um meinen Bauch geht kann ich mich daran erinnern als ich mit ca. zwölf Jahren mit meinen Eltern im Italienurlaub am Meer war. Ich war verliebt - wenn man das in dem Alter schon so nennen kann - in ein etwa gleichaltriges Mädchen namens Bianca welches dort auch jedes Jahr war. Und es war mir total peinlich dass ich damals einen kleinen Bauch hatte. Mir kam er riesig vor, aber es waren sicher nur einige Kilo. Aber vielleicht weißt Du das aus eigener Erfahrung, daß man sich schon nach einer einzigen großen Mahlzeit richtig dick und unwohl fühlen kann. Und als Fast-Teenager ist sowieso alles noch viel schlimmer. Auf jeden Fall war dieser Moment mit einem für mich richtig schlechten Gefühl verbunden.

Wann war ich das letzte Mal schlank?

Seitdem esse ich zuviel. Nicht daß ich das jetzt als Auslöser betrachte, aber es ist meine erste Erinnerung daran daß ich mich zu dick fühlte. Bin ich dick? Das würde wohl keiner behaupten. Aufgrund meiner Körpergröße und meines Knochenbaus kann ich wohl gar nicht richtig "dick" werden, gott sei dank. Aber ich bin am Limit was meine Bauchgrösse angeht. Männer nehmen zuallererst und am meisten am Bauch zu habe ich irgendwo gelesen. Ahh, obwohl, doch, ich kann mich an ein einziges Mal erinnern als ich vom Griechenland-Urlaub zurückgekommen bin, da war ich ca. fünfzehn oder so, braungebrannt, superschlank, total happy und zufrieden mit mir selbst. Ich weiß also, es gibt dieses andere, positive Gefühl.

Die Situation eskaliert: die Hosen passen nicht mehr

Aber damals war mein Leben natürlich anders. Nicht nur ich war leichter, auch mein Leben - keine Verantwortung, alles easy und so weiter. Oder glaube ich das nur?
Sprung ins heute: mit über 40 Jahren habe ich 10 Kilo "zuviel". Musste letztes Jahr zwei neue Hosen kaufen weil mir die Alten nicht mehr passen. Meine frühere Salsajeans ist so eng daß an ein reinkommen nicht zu denken ist. Jetzt sind meine zwei "neuen" Hosen auch noch gerissen, mir bleibt nur noch eine. Für die Zweite müsste ich jetzt abnehmen, sonst passt sie mir nicht. Aber warum abnehmen? Was hätte ich davon?

Aber ich will mich doch leicht(er) fühlen!

Was ich wirklich will ist mich leichter fühlen. Doch da gibt es ein Problem: vor ein paar Jahren ist mir das mal "passiert", da war ich nach einigen Tagen weniger Essen und viel Schwimmen "richtig dünn" - dass ich mich da gleichzeitig total nackt gefühlt habe als ich dann mit einem Spezl zum Kaffeetrinken in ein Einkaufszentrum gegangen bin. Also da wo auch andere Menschen sind. Daheim alleine wär's vielleicht kein Problem gewesen, aber hier ... und das verbinde ich seitdem (oder schon viel länger?) damit: "dünn" sein, nein ich will's lieber "normal schlank" sein nennen, ist für mich auch verletzlich-sein, alleine-sein, schutzlos-sein.

Nein, ich will diese negativen Gefühle nicht fühlen

Und diese Gefühle will ich nicht haben. Nein nein nein. Dann lieber einen Bauch. (alleine dieser Satz erschreckt mich beim Nochmaldurchlesen: jeder hat einen Bauch, egal ob dick oder dünn! Ist die Alternative "kein Bauch"? Soll dann ein Loch im Körper sein daß man durchgucken kann? Natürlich nicht. Nur kein dicker Bauch ist gemeint. Krass ...). Ist das die Lösung? Inzwischen kenne ich mich selbst so gut daß ich weiß daß ich mich abends nur nicht vollschlagen sondern so um 18 Uhr 'rum normal essen brauche (und dann nichts mehr), dann bekomme ich von ganz von alleine wieder mein "Wunschgewicht" (das Buch "Endlich Wunschgewicht" von Alan Carr habe ich vor vielen Jahren gelesen, hat super funktioniert - aber nur ein bis zwei Wochen, dann habe ich wie früher gefuttert - deshalb auch kein Empfehlungslink). Aber: das Normal-Essen hat bei mir "Nebenwirkungen". Ich fühle alte, unterdrückte Gefühle wie Wut, Angst, etc. wieder. Es geht aber bei Gefühlen nur um "alles oder nichts". Ich kann entweder *alles* fühlen - also die "negativen" Gefühle *und* die Postiven - oder gar nichts. Und Schlank-Sein-Wollen bedeutet ganz einfach: Alles-Fühlen-Wollen. Will ich das wirklich?

Selbstversuch: an zwei Abenden weniger essen

Ich hab's ausprobiert. Nach zwei Abenden mit nur gemässigtem Essen ging's schon los. Wut kam hoch (Wut kommt oft aus Ohnmacht), Ärger, Trauer, Zorn, Hass ... alles was ich sonst immer runterschlucke. Die Ursache müssen keine riesengrossen Probleme sein! Das können ganz kleine Dinge sein, die man nicht ausspricht oder nicht wahrhaben will (und die gute Nachricht: Dafür brauche ich keine jahrelange Therapie). Doch jetzt bin ich etwas schlauer: Ich weiß wie man "negative" Gefühle "los wird": Indem man sie fühlt. Kling widersprüchlich, ich weiß, aber Robert Betz hat recht: Erst wenn ich meine Gefühle "durchfühle", sie zulasse, sie da-sein lasse, dann können sie sich auflösen und mein innerer Frieden, meine Leichtigkeit und meine Lust am Leben können mehr Raum einnehmen in meinem Leben und zurückkehren.

Gefühle nicht mehr runterschlucken - sondern da-sein-lassen

Und wie macht man das, Gefühle "durchfühlen"? Ganz einfach: sich darauf konzentrieren wenn sie kommen. Wut spüre ich persönlich immer in meinem Hals, genauergesagt schnürt sie mir fast die Kehle zu. Wenn ich merke daß die Wut kommt werde ich still und konzentriere mich darauf. Ich fühle meinen Hals. Ich versuche das in Gedanken zu beschreiben was ich fühle, welche Farbe die Wut hat, wie ich glaube weniger Luft zu bekommen (was sich dann als Illusion herausstellt). Und dann, wenn ich akzeptiert habe daß dieses Gefühl da sein darf, daß es auch wirklich da ist, dann versuche ich sie größer zu machen, sie wachsen zu lassen. Sozusagen "jetzt erst recht", hört sich erst einmal nach Provokation an :-) Und jetzt kommt das Erstaunliche: Vielleicht kann sie noch ein kleines bisschen wachsen, aber irgendwann ist Schluß. Und das ist so versöhnlich! Und eine weitere gute Nachricht: Es gibt eine natürliche Grenze für meine negativen Gefühle! So, und jetzt lasse ich die Wut da sein. Ich mache einfach nur nichts. Nicht runterschlucken (auch ohne Essen kann man schlucken, google mal "Luftschlucker" wenn Du magst), nicht ablenken, nur da sein und die Wut da sein lassen. Solange sie mag. Und irgendwann ist's vorbei. Tief atmen hilft übrigens dabei :-)

Ich will alles fühlen

So, das war's schon. Unterstützung hole ich mir dann noch von "The Work" und den "Healing Codes". Inzwischen kann ich schon wieder zwei meiner Hosen anziehen. Es gibt "Rückfälle", klar, aber die Tendenz ist eindeutig. Es ist mir auch egal wie lange das dauern wird. Aber ich habe entschlossen daß ich alles fühlen möchte, genauso wie ich alles sehen möchte (ich bin kurzsichtig, und das wird man wenn man nicht alles sehen will), und genau so wird es kommen. Die Konsequenz daraus ist daß ich gleichzeitig schlanker sein werde - und das ist das "Geheimnis", sonst nichts, das mit dem Abnehmenwollen, Diäten etc. ist ein totaler Schmarrn, denn das Körpergewicht ist nur ein Indikator wie es in Dir drin aussieht. Ich wünsche Dir viel Erfolg beim Fühlen!